Lüttich erleben – Teil 1: Kunst und Kultur

Exakt 62 Minuten trennen den Kölner von einer kulturell anderen Stadt. Binnen eines Wimpernschlages bringt der Thalys seine Passagiere zuverlässig nach Lüttich/Belgien: in eine Stadt voller Kunst, Kultur, Genuss und Leben.

Es ist der 10.Mai 2018 und Lüttich feiert. Das Kunstfestival Métamorphoses ist seit einem Tag in vollem Gange. Noch bis zum 13.Mai erwarten die Besucher mehr als 50 teils abstrus verrückte Aufführungen. Uns verschlägt es zunächst in die Innenstadt. Kennen Sie Jules Verne und seine fantastischen Geschichten? Wie aus einem seiner Bücher entsprungen streckt sich das 15 Meter hohe Gebilde aus Stahl, Ballons und Pflanzen auf dem Espace Tivoli dem Himmel entgegen. Das Luftschiff Aeroflorale II ist gelandet! Schmunzelnd lassen sich die Besucher von einem der Besatzungsmitglieder von der weiten Reise erzählen, sowie von der Antriebstechnik. Phytovoltaik wird hier den Gästen in praktischen Beispielen vorgestellt. Jules Verne wäre auf die gebauten Gerätschaften neidisch, manch Gärtner eher auf die Unmengen von Pflanzen.

Das denken sich auch einige Urban Sketcher, die im Umkreis des Aeroflorale II zu finden sind. An diesem Wochenende versammeln sie sich aus allen Gegenden in Lüttichnur um eines zu machen: diverse Szenerien atemberaubend auf Papier zu bringen. Während ein Künstler das Luftschiff malt zeichnet eine Frau ihn bei seiner „Arbeit“ . An der nächsten Ecke sitzen zwei betagtere Herren mit ihren schwarzen Hüten auf Klappstühlen, lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen.

 

Der Freiheit beraubt

Schräg gegenüber des historischen Rathauses – liebevoll La Violette genannt – befindet sich eines der Wahrzeichen Lüttichs: der Perron, das Symbol der Freiheit der Stadt. Karl der Kühne, seines Zeichens Herzog von Burgund, bestrafte die Bewohner Lüttichs indem er den Perron abbauen und nach Brügge versenden ließ. Somit demonstrierte er die Inbesitznahme des Fürstentums. Die Lütticher erhielten den Perron nach dem Tode Karls im Jahre 1477 zurück. Rund um das Wahrzeichen befindet sich der  historische Marktplatz. Ob zum Schlendern, Klönen oder um einfach in einem der zahlreichen, gemütlichen Cafés einen Aperitif einzunehmen: es ist der Treffpunkt für Jung und Alt. Unweit des Marktplatzes befindet sich das Minoriten Kloster aus dem 17. Jahrhundert, in welchem sich heute das wallonische Volkskundemuseum befindet. Auch, wenn der Inhalt des Museums nicht  Jedermann begeistert lohnt sich der Gang durch den alten Kreuzgang dennoch. Hier erhält man einen guten Einblick in den architektonischen Stil der gesamten Maasregion. Besonders zu empfehlen: gehen Sie am Eingang hinein und durch die hintere Tür hinaus. Ein Weg führt Sie um das Kloster herum, vorbei an winzigen, alten Häusern. Wer eine gute Vorstellungskraft hat weiß, wie Lüttich einst ausgesehen haben muss.

 

Insel der Auszeit 

Mit dem Wassertaxi geht es für uns an diesem Tag die Maas entlang zum Parc de la Boverie. Auf einer Art Insel liegend zwischen der Maas und der Dérivation, einem Parallelkanal zur Maas, entstand hier im Zuge der Weltausstellung 1905 das Gebäude La Boverie. Wechselnde Ausstellungen in Kooperation mit dem Louvre in Paris erfreuen hier kunstaffine Besucher. Die Ausstellung „Viva Roma“ (noch bis zum 26.08.2018) beinhaltet diverse Kunststücke über die Stadt Rom. Im 18. und 19. Jahrhundert galt sie unter Künstlern als die Stadt, welche man unbedingt zum Zeichnen und Malen bereist haben musste. Da ein Tagestrip nicht all zuviel Zeit bietet kam uns ein geführter 30 minütiger „Flashvisit“ durch die Ausstellung sehr entgegen. 175 Gemälde und Skulpturen unter anderem aus dem Getty-Museum L.A, San Francisco, Kopenhagen, dem Louvre und weiteren gewähren einen optischen Einblick in die Faszination Rom. Außerhalb der La Boverie wurde über all die Jahre ein wunderschöner Park angelegt. Umgeben von Wasser, Vögeln und viel Grün dient er heute den Familien als idealer Ausflugs- und Erholungssort. Am heutigen Tag auch als Päsentationsort diverser Künstler. Während einige Paare zu karibischer Musik Salsa tanzen umzingeln andere die Künstlerin Chloé Moglia mit ihrer Performance. Wie in Zeitlupe demonstriert sie Akrobatik, die allein aus der Kraft ihrer Arme hervorgeht. In sechs Metern Höhe hängend, teils nur durch Auflegen einer Ellenbeuge, lässt sie so manche Münder vor Staunen aufstehen. Eine Performance die zeigt, wozu ein Körper mit Kraft und extremen Willen fähig ist. Über die erst 2016 eröffnete Fußgängerbrücke La Belle-Liégeoise geht es vorbei am Turm Paradis zurück zum architektonisch herausragendem Bahnhof Liége-Guillemins. Von jemandem wird er als Ufo bezeichnet, von Kennern als Kathedrale der modernen Zeit. Bestehend aus Glas und Stahl entführt er in eine andere Welt. Und uns zurück in den Zug nach Köln.

Diese Tour fand mit der freundlichen Unterstützung von Belgien-Tourismus-Wallonie sowie des Unternehmens Thalys statt. Vielen Dank für die Organisation.

Lesen sie demnächst in Teil 2: Genuss und savoir-vivre : über das süße Leben, Lütticher Spezialitäten inkl. Rezepte und natürlich das Lütticher Bier.

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